Ein sonniger Oktobertag erwartet uns und auf dem Plan für diesen Ausflugstag mit Hund stehen für uns zwei Ziele. Die Perlmutt Manufaktur in Felling bedeutet auch für mich als Niederösterreich-CARD Besitzerin der ersten Stunde eine ganz neue Erfahrung und danach geht es zum Spazieren und Herbstsonne Genießen in den Nationalpark Thayatal – quasi um die Ecke.
Wir haben uns ganz unkompliziert über die wirklich schöne gestaltete Website der Perlmutt Manufaktur (www.perlmutt.at) einen Termin für die Führung gebucht und über die gut ausgebaute S3, die mein Navi noch gar nicht kennt, sind wir über Hollabrunn schnell oben im Waldviertel. An diesem Tag kommen wir in den Genuss einer Solo-Führung, das kann an „starken“ Tagen schon ganz anders aussehen, denn die Perlmutt Manufaktur ist bei Busgruppen, Radfahrerinnen und Wanderern ein hochbegehrtes Ziel. Und das nicht grundlos, wie sich schnell herausstellt. Wir werden superfreundlich begrüßt, Hund Coffee erwartet ein Napf frisches Wasser vor dem Eingang sowie die Info, dass hinter dem Haus ein Waldstück auf Hundebesuch wartet. Die grüne Outdoor-Anlage der Perlmutt Manufaktur mit Lounge, Spielplatz und dem größten Perlmuttknopf der Welt ist nämlich supergepflegt und das soll sie auch bleiben.
Die Manufaktur im Waldviertel ist eine von drei in Europa, die noch Perlmutt-Produkte herstellt. Wir starten mit einem Film über die Herkunft des Rohmaterials und die Bearbeitung vorort in Felling. Danach gibt uns die nette Mitarbeiterin noch viele interessante Einblicke: Warum die Perlmuttknöpfe in der heimischen Trachtenwelt sowie bei Modedesignerinnen und Innenausstattern so beliebt sind und dass die „Thayamuschel“ früher von den Fischern hier direkt aus dem Fluss geholt wurde. Das Fleisch wurde verfüttert und die Muschel an die zahllosen hiesigen Perlmutt-Drechsler verkauft, den bis 1951 wurden hier die heimischen Flussperlmuscheln noch verarbeitet. Heutzutage ist das Rohprodukt streng geschützt und die verschiedenen Rohstoffe werden gezüchtet und aus zertifizierten Betrieben importiert, Stichwort etwa „mother of pearls“ – die Macassar Muschel aus dem indischen Ozean.
Einlegearbeiten (wie etwa für den Bösendorfer Beethoven Flügel), Schmuck, Mode oder Instrumente: Das – je nach Muschel verschieden – aber immer pastell schimmernde Perlmutt ist seit jeher begehrt.
Beim Rundgang durch die Ausstellung ist Hund Coffee mit dabei, wobei – ganz ehrlich: So viel Schauen ermüdet schnell, deswegen liegt er meist in einer Ecke und beobachtet mich beim Staunen. Mir persönlich gefallen die Operngucker, aber auch die kleinen, feinen Taschenmesser und das Geschirr mit Perlmuttbesatz am besten.
Wir dürfen ganz nahe mit dabei sein, wenn Herr Gotffried an der Maschine (die, die alles kann) einstellt, einsortiert, bohrt und kontrolliert. Dazu dürfen wir Fragen stellen und sehen, wie die fertigen Perlmuttknöpfe von Hand auf Farbe, Facon und etwaige Fehler kontrolliert werden – und das in einem Höllentempo. Wie viele Knöpfe pro Tag so kontrolliert werden können? Bis zu 30.000 schafft die nette Dame, die uns zuliebe auch mal langsamer wird beim Sortieren, sodass wir „mitschauen“ können. Viele Kundinnen wollen auch ihr Logo auf den Perlmuttknöpfen sehen, dies kann eine Lasermaschine erledigen.
In der Ausstellung sehen wir die Instrumente von früher, darunter auch den Bottich mit den Buchenholzstückchen zum Polieren des Perlmutts, das verschiedenste Rohmaterial und Bilder der hiesigen Produktion aus früheren Zeiten. Heute wird das Perlmutt übrigens bis zum letzten Teilchen verarbeitet, die Reste werden zum Basteln verwendet, als Deko oder auch als schimmernde Beimischung für Fassaden und Estriche.
Danach gustieren wir noch im verlockenden Shop und spazieren eine Runde durch die schöne Außenanlage mit dem Selfie-Point und dem überdimensionalen Perlmuttknopf. Jetzt ist es richtig sonnig und der Sinn steht uns nach bunten Herbstwäldern und der rauschenden Thaya. Nichts wie hin zum Nationalparkhaus Thayatal – wo wir übrigens auch schon mit dem Wohnmobil übernachtet haben, das ist dort ausdrücklich erlaubt.
Die aktuelle Ausstellung (Oktober 2024) befasst sich mit dem Seeadler, der heute (zu zehnt) wieder im Nationalpark Thayatal lebt und unser österreichisches Wappen ziert. In der Ausstellung sehen wir, wie groß so ein Seeadler-Nest werden kann, nämlich bis zu zwei Meter im Durchmesser. Laut WWF gibt es aktuell in Europa 140 Seeadler (Stand 2024), 2005 waren sie noch vom Aussterben bedroht.
Wir erhalten ein Tablet, mit dem man in den Räumen Zusatzinfos zu den Texten aufrufen kann, aber zuerst zieht es uns zu den Wildkatzen im Außengehege. Diesmal haben wir wirklich Glück: Hund Coffee scheint zwar seine Herzensfeinde durch das Glas nur zu wittern und nicht zu sehen, aber die beiden Wildkatzen merken genau, dass hier ein Vierbeiner vorbeischlendert. Sowohl Kater Carlo auf dem Ast, aber auch Frida, die uns misstrauisch beäugt und uns einige Schritte folgt, bekommen wir ganz nahe zu Gesicht. Über Holzstege (hundefreundlich, kein Gitter) und kleine Plattformen kann man die Wildkatzen auch von oben sehen.
In der Ausstellung „NaturGeschichten“ begebe ich mich mithilfe des Tablets auf eine multimediale Reise durch das Thayatal, Hund Coffee benutzt das große Luftbild am Boden lieber für ein Schläfchen. An den Wänden begleiten uns die detailgetreu gemalten „Big Five“ der Tiere des Nationalparks: Wildkatze, Schwarzstorch, Fischotter, Edelkrebs und die Smaragdeidechse. Dann geht es zu der Seeadler Ausstellung und zum Film, bei dem wir noch mehr über die tierischen Bewohner und menschlichen Mitarbeiterinnen im Nationalpark Thayatal erfahren. Leider habe ich noch nie einen Schwarzstorch in der Natur selbst gesehen, weder in Österreich, Polen oder im Baltikum… Und auch jetzt sind sie natürlich längst auf ihrer Reise in die Wärme in afrikanische Gefilde oder „nur“ Südeuropa.
Die beliebten Wildkatzenfütterungen finden von März bis November jeweils Samstag, Sonntag und Feiertag um 15:30 Uhr statt (Infos: www.np-thayatal.at).
Die Thaya: Der bildschöne Grenzfluss
Die Pegelstände der Thaya haben sich nach dem Hochwasser im September 2024 wieder normalisiert und damit ist auch der Einsiedlerweg bei der neuen Hängebrücke über die Thaya freigegeben. Nachdem wir uns auf der Terrasse des Gasthauses Thayabrücke gestärkt haben, werden wir also noch zu Grenzgängern. Über die Brücke bei den beiden Zollhäusern (viele neue Schilder und eine Info-Screen und Prospekte auf der österreichischen Seite!) spazieren wir hinüber nach Tschechien. Auf der Brücke sind alte Fotos von der Öffnung der Grenze zu sehen: Auch heute noch sehr berührend, als zu Ostern 1990 erstmals die Nachbarn über diese Brücke „zu uns“ rüber kletterten und das Osterwochenende zu einem grenzübergreifenden Fest der Nachbarinnen wurde.
Die Sonne scheint, wir sehen hinüber nach Hardegg, die Thaya rauscht (wieder) friedlich vor sich hin und wir befinden uns in einem grenzübergreifenden Nationalpark mitten in der Natur – ohne Stacheldraht, ohne Kontrollen, ohne Zoll, ohne getrennte Familien. Schöner könnte unser Tag im Waldviertel nicht enden – obwohl, eines haben wir noch vor.
Nach der Brücke steigen wir in den „Einsiedlerweg“ ein und wandern entlang der Wiese und durch ein dunkles Waldstück bis zur neuen Hängebrücke, die seit 2022 die Nationalparks Thaya und Podyjí verbindet. Dort stoßen wir auch auf eine Etappe des „Wildkatzenwanderwegs“, der u.a. beim Nationalparkhaus startet. Hund Coffee nutzt außerdem die Möglichkeit, um sich an diesem Rastplatz an dem Wasser der Thaya zu laben. Den Einsiedlerfelsen lassen wir diesmal aus, wir wandern auf direktem Wege retour nach Hardegg.
Unbedingt eine kleine oder größere Wanderung vom Nationalparkhaus Thayatal aus mit einplanen, oder zumindest einen Spaziergang rund um die Thayabrücke bei den beiden ehemaligen Zollhäusern. Der Hennerweg ist sogar barrierefrei zu begehen und auch für Hundesenioren geeignet – der Ausblick auf die Stadt Hardegg (die kleinste Stadt Österreichs) und die Thaya ist vom Aussichtspunkt aus wunderschön! Und wenn man schon dort ist: Den ausgeschilderten Stadtspaziergang Hardegg nicht versäumen (mit einer APP noch viel spannender!).
Die Perlmutt Manufaktur lohnt sich bei jedem Wetter, ein schöner Ausflug für die ganze Familie – von Groß bis Klein mit Hund. Oder ohne. Schöne Mitbringsel und Souvenirs kann man an beiden Orten erstehen.
Parken
Direkt bei der Perlmutt Manufaktur und am großen Parkplatz beim Nationalparkhaus Thayatal. Wohnmobil Stellplatz (mit Strom, Ver- und Entsorgung) bitte vorort anmelden.
Einkehren
Bei unserem Besuch im Oktober war das (historische) Gasthaus Thayabrücke noch geöffnet, auch unter der Woche. Auf der schönen Außenterrasse hört man die Thaya ganz nah rauschen, innen drinnen ist es warm und gemütlich. Sehr nettes Team, frisch gekocht, viele Mehlspeisen. Im Nationalparkhaus kann man sich auf ein Café und lokales, frisch gezapftes Fassbier und Eis freuen. Auch in der Perlmutt Manufaktur kann man sich in der Kaffee-Ecke erfrischen.
Tipps für Hundebesitzer
Nehmt euch einen faltbaren Hundenapf für unterwegs mit, denn Ausstellungen werden für Hunde schnell anstrengend und Wasser trinken oder Kauen entspannen… Wir befinden uns beim Wandern zudem im geschützten Nationalpark-Gebiet, der Vierbeiner muss dort also unbedingt an der Leine bleiben. Verlängern kann man den hundefreundlichen Ausflug noch mit einer kleinen Wanderung bei der Ruine Kaja.
Ersparnis mit der Niederösterreich-CARD
Pro Person erspart man sich mit der NÖ-CARD in der Perlmutt Manufaktur 8,50 Euro pro Eintritt und im Nationalparkhaus Thayatal für den Eintritt zu der Ausstellung 4,50 Euro. In Summe habe ich mir bei diesem Ausflug mit der Niederösterreich-CARD 13 Euro erspart.